TKKG - Die Loser in spe


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An dieser Stelle möchte ich mal eine Lanze brechen für die Hörspiele der uncoolsten Jung-Detektive aller Zeiten. Während sich ihre Kollegen von den "Drei ???" am eigenen Kultstatus erfreuen können, fristen TKKG ein tristes Dasein im Adlerhorst und fragen sich andauernd, warum sie bloß von jungen Menschen nicht geliebt werden. Sie wissen nicht, daß sie es selber verbockt haben.

Tarzan ist der Kopf des Ganzen - und die Altklugheit in Person. Ein Typ, dem man liebend gerne ein paar vor's Maul hauen würde, wenn man nicht wüßte, daß er ein Judo-As ist. Er erteilt gerne anderen Menschen Anweisungen - der restlichen TKKG-Bande, Polizisten, Gangstern, Omas, überhaupt allen. Er liebt es andere zu belehren und bevorzugt den großen Auftritt. Seine Trumpfkarte sind seine guten Verbindungen zur Polizei mit denen er gerne vor Verdächtigen kokettiert. Denn Komissarstochter Gaby Glockner ist seine Flamme. Das heißt, sie sind nicht offiziell zusammen, aber schwärmen mächtig füreinander. Tarzan und Gaby scharwenzeln umeinander herum wie zwei tollpatschige Paviane, die noch nicht wissen wo sich ihre Geschlechtsorgane befinden. Ihr vollkommen asexuelles Verhältnis, das von Tarzan mit ständigen Machosprüchen ("Nein, das ist zu gefährlich für Mädchen!") und plumpen Komplimenten begleitet wird ist mir ein Rätsel. Mittlerweile heißt Tarzan aus juristischen Gründen lieber Tim. 

Karl läßt schnell die Fakten tanzen - und zwar nicht zu knapp. Er nervt alle mit seinem lexikalischen Wissen. In Sachen Besserwisserei steht er Tarzan in nichts nach. Der schlaksige Brillenträger hat noch nie mit einem Mädchen geknutscht und konzentriert sich deshalb - in der Hoffnung dafür geliebt zu werden - auf das Auswendiglernen. Karls Hörspielstimme Niki Nowotny scheint genau damit Probleme zu haben, denn er trägt prinzipiell seinen gesamten Text in sonorem Ablese-Tonfall vor.

Klößchen ist ein guter Typ - und ein dummer Fettwanst obendrein. Er frisst in einer Tour und besitzt einen unfassbar debilen Humor. Er ist vorlaut und nur seiner Freundschaft zu Zimmergenosse Tarzan ist es zu verdanken, dass er nicht dauernd von anderen Mitmenschen verprügelt wird. Klößchens Vater ist ein stinkreicher Schokoladenfabrikant, der seinen Sohn mit Unmengen der hauseigenen Produkte versorgt. Er wird hektisch wie ein Junkie, wenn sich seine Schokoladenvorräte zu Ende neigen. Wie auch Karl ist er vermutlich heimlich in Gaby verliebt.

Gaby hat den Tarzan lieb - weil sie auf Typen wie ihren Vater, den Komissar, steht. Weil Tarzan mitunter nur an ihr interessiert scheint, um näher bei ihrem Vater zu sein, läßt sie ihre Zuneigung meist ihrem halbblinden Cocker-Spaniel Oskar zukommen. Sie wird später mal eine tolle Hausfrau und Mutter. Bis dahin ist sie eine Superstreberin in der Schule, wie alle aus der TKKG-Bande, mit Ausnahme von Klößchen, der eigentlich gar nichts kann außer Fressen und Zoten reissen. Im Klugscheißen ist Gaby (
genannt: die Pfote) hinter Tarzan und Karl auf Platz 3.

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Die TKKG-Abenteuer sind die ödesten auf der Welt. Einer der Witze ist immer, dass Klößchen Angst um seine Schokolade hat. Wenn die TKKG-Bande in ihrer Pseudo-Jugendsprache spricht, muß ich an Oskar Lafontaine im Wahlkampf denken, der auf der Loveparade oder wo immer es auch war, mit jungen Menschen tanzt und dabei seinen behäbigen Körper unbeholfen herummanövriert wie ein volltrunkener Seebär sein soeben havariertes Schiff. Da der TKKG-Autor Stefan Wolf schon immer zu alt war, um zu wissen wie sich Jugendsprache anhört, erfand er einfach seine eigenen coolen Sprüche. Die Hoffnung, dass die Jugend auf seine ungelenken Wortschöpfungen zurückgreifen würde, erfüllte sich jedoch nicht. ("Na, das haut den stärksten Neger aus der Weltraumkapsel!"- Folge 33: Wer raubte das Millionenpferd?) 

Die TKKG-Bande setzt sich gern für ältere Menschen und Tiere ein und in ungefähr jeder zwölften Folge wird Gaby entführt. Tarzan kann vor Kraft und Selbstverliebtheit kaum gehen und schlägt alle zusammen, die ihm scheel kommen. Danach verhöhnt er seine Opfer und demütigt sie mit staatsbürgerlichen Belehrungen. Klößchen, sein tumber Adlatus, will da nicht hinten anstehen und raunt feige aus sicherer Entfernung mit. Karl, der Computer ist ohnehin mit allem, was er sich vorher nicht angeeignet hat überfordert und gefällt sich deshalb darin, Tarzan für seine Taten zu lobpreisen und außerdem wie alle TKKG-Mitglieder gegen Rauchen und Alkohol zu sein. Gaby macht sich immer Sorgen, wahlweise um Tarzan oder Tiere. TKKG umgeben sich darüber hinaus mit fragwürdigen Zeitgenossen, so zum Beispiel dem Judotrainer und TKKG-Freund Gutsche ("Bei dem Turnier haben auch meine Kümmeltürken mitgemacht, haha!"- Folge 15: Ufos in Bad Finkenstein). Kurzum: TKKG ist eine miese, kleine, gewalttätige Bande von linkischen Denunzianten- durch und durch unsympathisch und selbstgerecht. 

Und trotzdem, oder viel mehr gerade deswegen bin ich Fan von ihren Hörspielen. Denn TKKG hat zweifellos ganz andere Qualitäten als die "Drei ???". Geschickt versteht es Autor Stefan Wolf jede Form von Spannung in den Geschichten zu vermeiden. Seine Bösewichte sind an Eindimensionalität nicht zu unterbieten. Sie geben sich von vorneherein durch schlechtes Benehmen, körperliche Makel
(Boxernase, Raubvogelgesicht, Fischglotzaugen, Pickelgesicht etc.), durch die Zugehörigkeit zu sozialen Randgruppen (Im TKKG-Slang: Rocker, Zigeuner, Penner), sowie Zigarettenrauchen und öffentlichen Alkoholkonsum zu erkennen. Die Schurken sind aber immer noch allemal sympathischer als die TKKG-Bande.  Gerade hier liegt auch eine der verborgenen Stärken der Hörspiele. Man freut sich frenetisch über jedes "Halt's Maul, Fettsack!", daß die Bösewichte Klößchen entgegenschleudern. Ein "Sei still, du kleine Kröte!" in Richtung Gaby entschädigt für viele ihre dümmlichen Äußerungen. 

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Stefan Wolf war darüber hinaus auch ein profunder Kenner der Rauschgiftszene. Ihm gelangen immer wieder erschütternd realistische Bestandsaufnahmen des Drogenrausches (Gaby: "Oh..Tarzan, ich glaube die haben mir Heroin gespritzt" - Tarzan: "Gaby, wie fühlst du dich?" - Gaby: "Ach, eigentlich wie immer." - Folge 56: Todesgruß vom gelben Drachen). Im Erfinden von lustigen Namen war Stefan Wolf ganz weit vorne. Die Terrororganisation "Brigade Staatsfeind" oder Fitnesscenter-Betreiber Werner Strong mag ich besonders. Ungekrönter König bleibt jedoch der halbstarke Motorradrocker King Seibold, dessen Vater gestohlene Autos umlackiert. 


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Die Musik der frühen TKKG-Hörspielfolgen ist übrigens sensationell, eine krude Mischung aus funkigem Fusion-Jazz mit psychedelischen Elementen. Sie ist teilweise dieselbe wie die auf den alten Drei???-Kassetten. Aber sie kosten auf dem Flohmarkt meistens nur halb so viel. TKKG haben übrigens noch ein paar debile Verwandte, die leider komplett aus der Hörspielszene ausgestiegen sind. Wer auf CB-Funk steht, sollte mal bei den Funk-Füchsen in den miefigen Bau reinschnüffeln. Die Funk-Füchse rennen die ganze Zeit mit Walkie Talkies rum - bandenintern "Handgurken" genannt - und benutzen kryptische Geheimkürzel, wie "10-33 = Notruf auf dieser Station" und "83 = Liebe und viele Küsse" um sich zu verständigen. Die Besetzung ist ähnlich wie bei TKKG - die gleichen Arschgeigen, nur dass der Fettsack hier der Anführer ist. Mein Tipp: Die Haschischbande wird entlarvt. Sagenhaft weltfremd!